"Jenseits von Gut oder Böse, da gibt es einen Ort. Dort wollen wir uns treffen." (Rumi)

Was ist Mediation?

Die Geschichte von den beiden Schwestern und der Orange.
Es waren einmal zwei Schwestern, die sich eigentlich ganz gut leiden konnten. Die bekamen von der Mutter zusammen eine Orange geschenkt. Zuerst freuten sie sich, aber nach einer Weile stritten sie sich heftig darüber, wer die Orange letzlich für sich alleine haben dürfte: die Ältere der beiden? Die Schönere? Oder die, welche von der Mutter sonst immer bevorzugt wurde? Die, die immer von der Mutter benachteiligt wurde? Die, die mehr Vitamine bräuchte? Kränker ist? Schwächer? Die, die lauter schreien konnte?
Der Vater hatte das Gezanke nach einigen Tagen satt, immerhin fing die Orange auch noch an zu vergammeln, und er drängte die Schwestern kraft väterlicher Autorität zu einem absolut “gerechten” Kompromiss: die Orange sollte millimetergenau in der Mitte geteilt werden und jede Schwester sollte eine gleich große Hälfte bekommen. Wenn sie dem Kompromiss nicht zustimmen wollten, würde er die Orange dem Bruder schenken oder wegwerfen, und damit basta. Die Schwestern stimmten wohl oder übel zu. Jede bekam eine Hälfte.

Die eine Schwester presste das Fruchtfleisch ihrer Hälfte aus, um den Saft zu trinken. Die Schale warf sie weg. Die andere rieb die Schale Ihrer Hälfte ab, weil sie die geriebene Schale als Zutat für einen Kuchen brauchte, das Fruchtfleisch warf sie weg.

Der gerechte Kompromiß hat dazu geführt, dass jede zu 50 % Gewinnerin, aber auch zu 50 % Verliererin wurden. Hätte der Vater wie ein Richter entschieden, hätte er auch z.B. der Älteren oder der Jüngeren - je nach “Rechtslage” die ganze Orange für sich alleine zusprechen können: dann wäre eine der Schwestern zu 100 % Gewinnerin, die andere zu 100 % Verliererin gewesen - und bis die “Rechtslage” geklärt, und alle rechtlichen Instanzen abgeschlossen gewesen wären, wären bei einer extrem teuren Orange und demzufolge einem hohen Streitwert allenfalls die beteiligten Rechtsanwälte froh gewesen, aber sicher nicht die betroffene und total zerstrittene Familie.

Was wäre passiert, wenn einer der Beteiligten in Mediation oder gar Gewaltfreier Kommunikation geübt gewesen wäre?

Die beiden hätten z.B. nicht versucht, wertende Kriterien festzulegen, wonach jeweils die eine oder andere Schwester entscheidungsbefugt, oder mit der kleineren Hälfte benachteiligt werden sollte. Im besten Fall hätten beide ohne langwierigen, trennenden und verletzenden Streit ziemlich schnell und mit Leichtigkeit herausgefunden, welches Interesse (Kuchen backen, Saft herstellen) jede einzelne an der Orange wirklich gehabt hatte, was ihre Bedürfnisse (z.B. Wohlbefinden, Freude, Entfaltung) dabei waren und mit welcher konkreten Handlung (Schale reiben, Fruchtfleisch auspressen) jede einzelne ihr Bedürfnis bestmöglichst zu erfüllen suchte. Sie hätten sich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auf das naheliegende und für beide optimale Ergebnis einigen können, wonach die eine den Saft, und die andere die Schale hätte haben können.

Das nennt man dann eine sogenannte “Win-Win-Situation” , beide wären Gewinner gewesen.

Nach meiner Erfahrung aus mehr als 20 Jahren als Kommunikationstrainerin und Mediatorin ist allerdings ein wechselseitiges Minumum an Vertrauen, Redlichkeit und Aufrichtigkeit der Medianden und eine wirklich allparteiliche, erfahrene Mediatorin absolute Voraussetzung einer Mediation - andernfalls schadet eine Mediation mehr, als sie nützt.

In der alltäglichen Konfliktsituation scheinen die Lösungsmöglichkeiten oft nicht so einfach auf der Hand zu liegen wie in diesem Orangen Beispiel.
Erfahrungsgemäß ist es in der Praxis so, dass die herkömmliche Art des Streitens bei gegenseitigen Abwertungen und starrem Vertreten von Positionen sehr wenig bis gar keinen Raum lässt, überhaupt andere Lösungsmöglichkeiten zu erkennen. Die Beteiligten sind nämlich viel zu sehr damit beschäftigt, zu beweisen, dass der andere schlechter, dümmer, böser... ist bzw. “weniger Recht” hat. Außerdem verringert die hohe Adrenalinausschüttung bei der dann ablaufenden “Ärger- und Wutspirale” in derartigen Auseinandersetzungen die Fähigkeit, klar zu Denken und auch die Fähigkeit, sich einzufühlen , d.h. sachliche und emotionale Kooperation und damit Lösung wird unmöglich.

Es existieren Forschungen, die belegen, dass insbesondere die Fähigkeit zur Kooperation in der Entwicklung der Arten genetische Vorteile bedeuteten, da sie - was auf der Hand liegt - letzlich der Arterhaltung diente. Man fand z.B. heraus, dass die Fähigkeit zur Werkzeugherstellung und Benutzung oder die Änderung von Verhaltensweisen zum Überleben unter sich verändernden Umweltbedingungen komplexe Wahrnehmungs- und sodann Kooperationsfähigkeiten voraussetzte, so dass die Arten eher überlebten und sich fortentwickelten, deren Mitglieder bessere derartige Fähigkeiten aufwiesen. 

Es ist demnach nicht so, dass der Mensch dem Menschen von Natur aus ein Wolf sei, “homo homini lupus”, vgl. Hobbes, vielmehr, so scheint es mir, sind wir alle durch von uns selbst geschaffene, unflexible Rahmenbedingungen wie z.B. verfestigte Dominanzstrukturen in sozialen Systemen, moralische Festsetzungen über “das Gute und das Böse” in eine Dynamik geraten, die nicht mehr lebensdienlich ist und zugleich verhindert, dass wir überhaupt darüber nachdenken, ob uns als Menschen in einem sozialem System bestimmte Strukturen (“Das muß so sein, das war schon immer so”) noch dienen oder nicht, und wie sich der ursprüngliche Zweck (z.B. Sicherheit, Schutz, Nahrung, Arterhaltung, Gemeinschaft) besser erreichen liesse.

Mediation ist also ein Weg der Konfliktbearbeitung, welcher über eine abwertungsfreie Verständigung auf einer sachlichen und emotionalen Ebene zu einvernehmlichen, nutzbringenden und dauerhaften Ergebnissen für alle Konfliktparteien führen kann.


Die klientenzentrierte und prozessorientierte Mediation ist grundlegend geprägt von der aus der Gesprächstherapie Carl Rogers´ entwickelten Haltung der “Gewaltfreien Kommunikation” nach Dr. Marshall Rosenberg: Die Konfliktbeteiligten mit ihren Urteilen, Ansichten, Interessen, Gefühlen und Bedürfnissen, aber auch mit ihren Ressourcen an Selbstverantwortung und Lösungskompetenz stehen im Mittelpunkt der gemeinsamen Arbeit – nicht die vermeintlichen (rechtlichen) Ansprüche gegeneinander, abwertende Meinungen oder an Dritte (Richter, in der Praxis oft Gutachter) delegierte Entscheidungen.

Was ist die Mediation nicht?

....Therapie, weil die Mediation in der Gegenwart mit Blick auf die Zukunft ansetzt, bei dem, was bei jedem einzelnen im jeweiligen Moment konkret und präsent ist. Die Therapie dient hingegen (meistens) der Aufarbeitung vergangener, z.B. traumatisierender Prozesse und der damit verbundenen Einschränkungen. Dies heißt aber nicht, dass in einer Mediation schmerzhafte oder sonstwie hinderliche Hintergrundkonflikte ausgeklammert werden sollen.

Wenn die Mediatorin und Beteiligten sich wirklich auf eine dauerhafte Konfliktlösung einlassen möchten, ist es wichtig, auch die Hintergrundkonflikte einzubeziehen. Bei sogenannten krankhaften Störungen des Sozialverhaltens, Drogensucht, beginnenden oder akuten Psychosen kann die Mediation erschwert oder als Verfahren ungeeignet sein, vor allem wenn die jeweiligen Beteiligten ihre wahren Gefühle oder Bedürfnisse nicht mehr wahrnehmen können oder die Eigenverantwortlichkeit eingeschänkt ist. Ergebnis einer Mediation kann z.B. auch sein, dass sich beide oder eine der Konfliktparteien darüber klar werden, dass die (evtl. zusätzliche) Inanspruchnahme eines/r Therapeuten/in oder Psychiaters/in hilfreich und notwendig ist.

Erfahrungsgemäß sind Mediationen ebenso wie Coachings bei Menschen mit seelischen oder emotionalen Behinderungen fast ohne Einschränkungen (z.B. bei einer akuten Psychose, fehlender Krankheitseinsicht, lückenhafte oder gar keine therapeutische Begleitung) möglich und erfolgreich.

Den Erfolg einer Mediation messe ich übrigens nicht (nur) an dem greifbaren Ergebnis, sondern an einer Qualität der Verbindung, des Vertrauens und Aufrichtigkeit oder zumindest auch der Klarheit, mit der sich die Medianden im Verlauf der Mediation anreichern.

In meiner Praxis hat sich gezeigt, dass die Medianden, bei denen aufgrund einer psychischen Erkrankung oder sozialen Störung die Verbindung zu sich und anderen Menschen abgeschnitten und erschwert ist, und die in einem begleitenden - nichtwertenden oder analysierenden, sondern ressourcenorientierten und “bodennahem” therapeutischen und/oder psychiatrischen Rahmen eingebunden sind, im besten Fall schneller und leichter auf ihre Ressourcen zurückgreifen können als die, die nicht in einer derartigen Behandlung sind.

Die Mediation ist auch nicht...
....formelles Verfahren, wie z.B. ein Gerichts- oder institutionalisiertes Schiedsverfahren mit verbindlichen Regeln für die Erfassung eines Konfliktes (z.B. prozessuale Beweisregeln) und einem durch gesetzliche oder vertragliche Regeln vorgegebenen Rahmen für Lösungen sowie einer Entscheiderperson (Richter, Schiedsrichter, Schlichter).
Die Konfliktbearbeitung mittels formeller Verfahren, in denen eine dritte Instanz oder Person ermächtigt wird, über den Konflikt zu entscheiden, nennt man Delegation.

Eine gerichtliche Entscheidung über einen Konflikt, z.B. ein Urteil, bedeutet aber regelmäßig, dass einer total verliert, und der andere total gewinnt. Es ist nicht gewährleistet, dass eine für alle Beteiligten - angesichts des persönlichen Aufwandes und der Einseitigkeit der Lösung meist nicht einmal für den “Gewinner” - optimale oder sinnvolle Lösung des Konfliktes gefunden wird. Die, wenn auch belastete, Beziehung zwischen den Konfliktparteien wird in den formellen Verfahren im Regelfall endgültig zerstört, Lösungen für die Zukunft werden nicht gefunden, eine dauerhafte Befriedung, gegenseitige Aufrichtigkeit oder gar der Respekt voreinander gerät völlig aus dem Blickfeld. Dies ist vor allem in Konflikten schädlich, in denen die Beteiligten aufgrund familiärer oder sonstiger Bindungen (z.B. geschiedene oder getrennte Partner mit gemeinsamen Kindern, Erbengemeinschaften, langjährige Geschäftspartner) miteinander auskommen wollen oder dies im Hinblick auf das Wohlergehen aller angezeigt wäre.
Im Gegensatz dazu nehmen bei der Mediation alle Beteiligten eigenverantwortlich die Lösung ihres Konfliktes zum Wohlergehen aller selbst in die Hand, wobei sich meistens auch noch ein positiver Lerneffekt hinsichtlich der jeweils eigenen Streitkultur und Selbstwahrnehmung ergibt.


Was sind die Voraussetzungen einer Mediation – ist mein/unser Konflikt überhaupt geeignet für eine Mediation?

Um sich für eine Mediation entscheiden zu können, ist, bei Bedarf in einem oder mehreren klärenden Vorgesprächen, bisweilen auch in Form von Einzelgesprächen, vorab zu klären, was die Beteiligten wirklich wollen.

Vor einer Mediation “wollen” die Beteiligten allerdings manchmal folgendes: “Ich will, dass Sie ihn/sie platt machen/vernichten/in die Klapse bringen/dazu überreden, dass er 50.000 € zahlt!!!” oder: “Machen Sie, dass er/sie einsieht, dass er/sie kriminell/bösartig/dumm/krank/gemein (etc.) und überhaupt das Letzte vom Letzten ist! Der Richter/Gutachter konnte ihm/ihr das nicht nahebringen, aber Sie als Mediatorin jubeln ihm/ihr das schon unter!”

“Geschützt zu sein vor dem, was man will” meint hier, dass die Konfliktparteien ab einem gewissen Stadium der Eskalation des Konflikts destruktive Ziele “wollen”, die Ihren wirklichen Bedürfnissen und Interessen zwar überhaupt nicht dienen, die aber in der Dynamik der Eskalation als zwingend erscheinen.

Wenn hier eine Mediation etwas nützen soll, ist zunächst die aufrichtige und grundsätzliche Bereitschaft der Beteiligten erforderlich, diesen Konflikt “anders” als bisher und wie üblich zu gestalten und zu lösen. Dies kann durchaus auch handfeste pragmatische Hintergründe (z.B. Geld- und Zeitersparnis, Resignation angesichts vorangegangener Rechtsstreitigkeiten und längerdauerender “Zwangsverbindung” z.B. bei geschiedenen Eltern kleiner Kinder) haben und muß nicht dem Hang zum Gutmenschentum entspringen. Diese Bereitschaft - wenn nicht schon zuvor gegeben - entwickelt oder vergrößert sich manchmal auch erst in den ersten (ggf. Einzel-) Sitzungen.
Dabei kann und wird ein/e solide ausgebildete/r Mediator/in die Beteiligten unterstützen und begleiten, und versuchen, Vertrauen für den gemeinsamen Prozeß in einem geschützten Rahmen aufzubauen, aber niemals jemanden zu einer Mediation zwingen, überreden, oder in derselben auf eine schnelle, vermeintlich einvernehmliche Lösung hin manipulieren oder ähnliches.

Hinter solcherart “schiefen” Mediationen – die bei den Medianden oft den Eindruck hinterlassen, es gehe gar nicht um sie, sondern darum, dass aus Sicht des Mediators möglichst schnell eine "vernünftige" Lösung gefunden werden soll - stecken oft die mangels eigener Reflexionsmöglichkeiten und Kompetenzen wirkenden unbearbeiteten eigenen Glaubenssätze, politischen oder moralischen Ansichten oder schmerzlichen Konflikterfahrungen des Mediators selbst. Eine Mediationsausbildung sollte dies meiner Meinung nach berücksichtigen und einem Mediator das nötige Handwerkszeug mitgeben, um derartiges zu erkennen und notfalls sogar während einer Mediation aufzulösen - was sicher nicht in einigen wenigen Ausbildungswochenenden zu bewerkstelligen ist.

Wenn alle Beteiligten diese grundsätzliche Bereitschaft zur Mediation bei sich finden, ist meiner Meinung nach die Mediation auch das geeignete Verfahren der Konfliktbearbeitung, egal, auf welcher Eskalationsstufe und in welchem Rahmen sich der Konflikt abspielt.

Die Eskalationsstufe hat meiner Erfahrung nach allenfalls Bedeutung für die voraussichtliche Dauer der Mediation – je verfestigter und destruktiver der Konflikt, desto länger dauert die Mediation, aber auch hier bestätigen erfreuliche Ausnahmen die Regel - Aufrichtigkeit, ein gewisses Maß an Bereitschaft zur Selbstreflexion, und der Wunsch nach eigenverantwortlichen, tragfähigen Konfliktlösungen erhöhen dann die Wahrscheinlichkeit, dass die Mediation erfolgreich verläuft, d.h. mit einem Ergebnis endet, mit dem alle leben können.
Manchmal ist das Ergebnis auch schon in dem vertrauensbildenden und deeskalierenden Prozeß der Mediation und in der Aneignung von Kompetenzen zu sehen, z.B. im Fall des “Hochgehens” zu wissen, wie man sich mitteilen und für sich sorgen kann, so dass für eine sichtbare konkrete Lösung gar kein Mediator mehr gebraucht wird. Die Parteien finden dann die weiteren Lösungen selbst, die ihren Interessen auch zukünftig wirklich entsprechen.


Setzt dies alles nicht Beteiligte voraus, die, wenn sie sich so verhalten könnten, dass eine Mediation geeignet für sie ist, eigentlich gar keine Mediation mehr bräuchten?

Im Idealfall ja! In einem Konflikt hilft es jedoch sogar mediationserfahrenen Beteiligten, von einem allparteilichen Dritten unterstützt zu werden. Je wichtiger für den Einzelnen die von dem Konflikt betroffenen Bedürfnisse sind, desto eher entsteht aus dem “Schmerz unerfüllter Bedürfnisse” heraus eine Eskalation, deren Dynamik man nicht ohne weiteres “entkommt”.

In vielen üblichen Konflikt- oder Beratungssituationen wird ein “Täter – Opfer –Schema” verfestigt, der helfende Dritte ist in einem solchen Dreick der “Retter” oder der “Richter”. Diese Konstellation behindert aber Kontakt und Verständigung, nährt den Konflikt durch Bewertung und Be- oder Verurteilung des “bösen” Täters und des “armen” Opfers, es wird, oft an den Beteiligten vorbei, getröstet, geholfen, beraten.
Der Retter macht Lösungsvorschläge und setzt diese auch zwangsweise (z.B. nach einem Urteil) oder im Wege der Manipulation oder Überredung durch.

Ursprünglich und historisch war dieses Schema als Grundlage aller Gerichtsbarkeiten der Neuzeit ein wichtiges und sinnvolles kulturelles und soziales Werkzeug. Damit wurde in den sich entwickelnden Gesellschaften Kontinuität, Transparenz, Sicherheit, Entwicklung, Ausgleich und Gemeinschaft ermöglicht und stabilisiert und nur deshalb konnte eine wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung des Gemeinwesens erst stattfinden. Noch im 10. Jahrhundert war es in unserem Kulturraum eine Errungenschaft, dass an Sonn - und Feiertagen Kirchen und Priester, Frauen und Bauern vor schweren Gewalttaten geschützt sein sollten – die Bischöfe und Abte veranlaßten den weltlichen Adel, sich mit einem Eid zu Einhaltung dieses “Gottesfriedens” zu verpflichten und die Menschen in ihrem Gerichtsbezirk zu schützen.
Die Folgen des Fehlens oder Versagens von Rechtssicherheit schaffenden und auch durchsetzenden Strukturen sieht man heutzutage deutlich z.B. in Bürgerkriegsgebieten.
Demgegenüber steht die Entwicklung der Mediation m.E. auch in einer historischen Tradition der Konfliktlösung, die einen Prozeß des Dialogs und der Verständigung voraussetzt. In den Horden der Jäger und Sammler, zu denen noch heute z.B. die Ethnien der Eskimo, Mbuti (Südafrika), Hadza (Tanzania), Andamanen (Bengalen), und Semang (Malaysia) zählen, wurden und werden Konflikte, die das Gleichgewicht des Stammes gefährden, in gemeinsamer Diskussion, je nach Wichtigkeit des Konfliktes in kleinem Kreis oder unter Beteiligung des gesamten Stammes beigelegt. Man redet so lange, bis eine Einigung erreicht ist, mit der alle leben können. Ein weiterschwelender Konflikt oder eine “richterliche” Lösung, in der einer gewönne und der andere verlöre oder gar entehrt würde, hätte die Stabilität der gesamten Horde und damit das Leben aller ihrer Angehörigen gefährdet. Bei den germanischen Stämmen gab es bis in das Frühmittelalter hinein den “Umstand”, und z.B. auf Island das “Allthing”, bei dem die Konfliktparteien, ggf. deren Fürsprecher, alles (alle Dinge = Allthing) vorbringen konnten und sich unter Beteiligung und Vermittlung der Umstehenden (= Umstand) einigten. Es wird sich noch zeigen, in welchen Bereichen zukünftig welche Konfliktlösungsmechanismen mehr und adäquaten gesellschaftlichen Nutzen bringen.

Was bedeutet “Konflikteskalation”?

Mit Konflikteskalation wird ein Prozeß von Aktion und Reaktion bezeichnet, bei dem am Ende eine gemeinsame Lösung aussichtlos erscheint, und am tiefstem Punkt die gegenseitige Schädigung oder gar Vernichtung (finanziell, psychisch, physisch, sozial) steht. Beobachten lässt sich dies konkret bei Menschen, die jahrelange Rechtsstreitigkeiten, z.B. um Erbe, Scheidungsfolgen etc. geführt haben. Keiner der Beteiligten ist am Ende der bisweilen jahrelangen gerichtlichen Prozesse wirklich zufrieden, die Familien oft dauerhaft entzweit, alle Beteiligten , vor allem die Kinder, psychisch und physisch angeschlagen, oft auch finanziell am Ende. Die Berichte über schwere Gewalttaten im Zusammenhang mit Rechtsstreitigkeiten sehe ich vor diesem Hintergrund und es gibt doch zu denken, dass ein Großteil aller, auch schwerer Gewalttaten wie Mord und Totschlag, im sogenannten sozialen Nahbereich (d.h. in Familien, Partnerschaften) geschieht.

Wenn Sie bereits in einen eskalierten Konflikt oder Rechtsstreit verwickelt sind, liegt es in Ihrem Einflußbereich, welchem Anwalt mit der entsprechenden fachlichen Kompetenz und Ausrichtung Sie ihr Mandat erteilen und mit welcher Zielrichtung dieses geführt wird. Mediationen sind immer auch parallel möglich.

Weiteres zur Mediation findet sich auch auf meiner homepage www.rechtundmediation.net.